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"Hätten nur mehr Christen den Mut gehabt, für ihre jüdischen Geschwister einzutreten!"

Interreligiöses Gedenken an "Fabrik-Aktion" und Protest in der Rosenstraße

Drei Frauen beten
Gedenken am Mahnmal Große Hamburger Straße in Berlin Mitte; v. l. n. r.: Kübra Dalkilic (Islamische Theologin), Marion Gardei (Antisemitismusbeauftragte der EKBO), Esther Hirsch (Kantorin der Synagoge Sukkat Schalom)

Berlin (mit epd). In Berlin ist am Montag, 28. Februar 2022, an die „Fabrik-Aktion“ und den beispiellosen Frauenprotest in der Berliner Rosenstraße im Jahr 1943 erinnert worden. Nach einem stillen Gedenken am Mahnmal in der Großen Hamburger Straße führte ein Schweigemarsch in die nahegelegene Rosenstraße, wo sich vor 79 Jahren ein Sammellager der verhafteten Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter befand. Heute erinnert dort das 1995 eingeweihte Denkmal der Bildhauerin Ingeborg Hunzinger (1915-2009) an den Protest nicht-jüdischer Frauen, der schließlich zur Freilassung ihrer von den Nazis inhaftierten jüdischen Männer führte.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) nannte die Gedenkstätte einen „Ort großer Unerbittlichkeit“. „Wir dürfen nicht aufhören, die Frage zu stellen, wie solche Verbrechen geschehen konnten“, sagte die SPD-Politikerin. Der Ursprung des Widerstands sei der Mut des Einzelnen gewesen: „Es waren mutige Menschen, Frauen, die sich damals dem entgegengestellt haben.“ Das sei auch ein wichtiges Signal der Solidarität an die Menschen in der Ukraine.

Beteiligt waren auch die Antisemitismus-Beauftragte der Landeskirche, Marion Gardei, die islamische Theologin Kübra Dalkilic und Esther Hirsch von der Synagoge Sukkat Schalom. Gardei sagte: "Das mutige Beispiel der Frauen in der Rosenstrasse, die erfolgreich gegen die Verhaftung ihrer Männer protestierten, zeigt: Man bzw. Frau konnte doch etwas tun gegen die Nazis. Hätten nur mehr Christen wie sie den Mut gehabt, für ihre jüdischen Geschwister einzutreten."

Am Ende der Gedenkzeremonie wurden weiße Rosen vor der Skulptur von Ingeborg Hunzinger niedergelegt. Eingeladen hatten der Initiativkreis und die Ständige Konferenz der NS-Gedenkorte im Berliner Raum.

Hintergrund

Am 27. Februar 1943 wurden im Rahmen der „Fabrik-Aktion“ der Nationalsozialisten Tausende jüdische Zwangsarbeiter verhaftet. Sie sollten in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert werden.

Sie wurden unter anderem im ehemaligen Wohlfahrtsamt der Jüdischen Gemeinde in der Rosenstraße interniert. Darauf reagierten nicht-jüdische Ehefrauen der Verhafteten mit einem einwöchigen Protest, der schließlich zum Erfolg führte. Der Protest in der Rosenstraße gilt als einer der wenigen bekannten öffentlichen Proteste gegen das NS-Regime.